Mittwoch, 17. Dezember 2025

Neue KI-Ansätze verbessern EEG-basierte Diagnostik bei Demenzen

Neue KI-Modelle analysieren EEG-Signale und unterscheiden mit >80 % bzw. >97 % Genauigkeit zwischen gesunden Personen und verschiedenen Demenzformen, einschließlich Alzheimer und frontotemporaler Demenz.

Weltweit nehmen Prävalenz und Krankheitslast neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer und frontotemporaler Demenz zu. Eine frühe, zuverlässige Diagnostik gilt als Voraussetzung, um therapeutische Maßnahmen rechtzeitig einzuleiten. Zudem steigt das Interesse an skalierbaren, kosteneffizienten Verfahren, die außerhalb spezialisierter Zentren nutzbar sind.

Vor diesem Hintergrund untersuchten Forscher der Universität Örebro (Schweden) gemeinsam mit mehreren internationalen Institutionen, darunter Universitäten in Großbritannien, Australien, Pakistan und Saudi-Arabien, den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) zur automatisierten Auswertung von Elektroenzephalografie-(EEG-)Signalen. Die Ergebnisse erschienen in 'Frontiers in Medicine' und 'Frontiers in Computational Neuroscience'.

Warum aktuelle EEG-Methoden an Grenzen stoßen

EEG-basierte Diagnoseansätze sind vielversprechend, stoßen jedoch an Grenzen durch Inter-Subjekt-Variabilität, geringe Datenmengen und die fehlende Nachvollziehbarkeit klassischer Machine-Learning-Modelle. Zudem bestehen im klinischen Umfeld hohe Anforderungen an Datenschutz und Ressourcenverbrauch.

Die beiden vorliegenden Studien behandeln insbesondere folgende Fragen:

  • Ist es möglich, Alzheimer, frontotemporale Demenz und Gesunde mit einem Deep-Learning-Modell zu unterscheiden, dessen diagnostische Entscheidungen transparent nachvollzogen werden können?
  • Lassen sich robuste Klassifikationsleistungen erzielen, ohne Patientendaten zentral zu sammeln, also unter Wahrung des Datenschutzes?
  • Welche Modellarchitekturen sind effizient genug, um perspektivisch auf mobilen oder dezentralen Geräten eingesetzt zu werden?






Kombiniertes Deep-Learning-Modell zeigt sehr hohe Trefferquoten und transparente Entscheidungsgrundlagen

In der ersten Studie entwickelten Forscher ein hybrides Deep-Learning-Framework, das Temporal Convolutional Networks und Long Short-Term Memory-Netze kombiniert. Grundlage war ein EEG-Datensatz mit sechs durch Leistungsdichtespektren berechneten Frequenzbändern.

Das Modell klassifizierte Alzheimer und frontotemporale Demenz in binären Vergleichen nahezu fehlerfrei.

  • Alzheimer vs. gesund: 99,74 %,
  • frontotemporale Demenz vs. gesund: 99,70 %,
  • kombinierte Demenzgruppe vs. gesund: 99,80 %.

In der Dreiklassen-Analyse – Alzheimer, frontotemporale Demenz und gesund – lag die Genauigkeit bei 80,34 %.

Zudem ermöglicht die transparente KI-Technologie eine nachvollziehbare Entscheidungsbasis und verhindert die typische „Black-Box“-Problematik.

Leichtgewichtiges Modell ermöglicht datenschutzkonforme EEG-Klassifikation

Die zweite Studie prüfte, wie sich EEG-basierte Demenzklassifikation ohne zentrale Datenhaltung realisieren lässt. Dazu wurde ein besonders leichtgewichtiges Modell (EEGNetv4) mit hybrid-fusionsbasierten Erweiterungen kombiniert. Das neuronale Netz umfasst nur 1.609 Parameter und benötigt weniger als 1 MB Speicher, erzielte jedoch eine Testgenauigkeit von 97,1 %.

Durch den Einsatz von Federated Learning konnten mehrere Einrichtungen das Modell trainieren, ohne EEG-Rohdaten auszutauschen. Die resultierende globale Modellleistung betrug 96,9 % und zeigt, dass eine datenschutzkonforme Trainingsumgebung möglich ist.

KI erkennt Muster in den elektrischen Signalen des Gehirns

Beide Modelle nutzten EEG-Frequenzbänder wie Alpha-, Beta- und Gamma-Aktivität, um Merkmale zu identifizieren, die mit Demenzen assoziiert sind. Die KI-Systeme konnten langfristige Veränderungen und feine Unterschiede zwischen den Diagnosegruppen erkennen, was klassische Verfahren teilweise nur eingeschränkt leisten können.

Potenzial KI-gestützter EEG-Verfahren für eine breitere und frühe Demenzdiagnostik

In den Studien werden KI-gestützte EEG-Verfahren als schnelles, kostengünstiges und datenschutzsicheres Instrument für die Früherkennung von Demenzen vorgestellt. Durch die Möglichkeit, KI-Modelle auf tragbaren Geräten zu betreiben, ergibt sich perspektivisch ein breiterer Einsatz – von spezialisierten neurologischen Zentren bis hin zu später möglichen Anwendungen im häuslichen Umfeld.

Die Autoren beabsichtigen, künftig größere und heterogenere Datensätze einzubeziehen sowie zusätzliche Demenzformen zu analysieren. Damit könnte langfristig eine breitere Validierungsbasis geschaffen werden, die den klinischen Nutzen weiter klärt.


Quelle: gelbe-liste.de

Keine Kommentare: